Am 23. und 24. 2. 2021 wurde das zehnjährige Jubiläum der Konferenz Inverted Classroom and Beyond online umgesetzt. Host war die FH St. Pölten. Über 130 Teilnehmenden nutzten vielfältige Möglichkeiten, um Erfahrungen auszutauschen sowie kollaborativ an Ideen und konkrten Schritten zu arbeiten, um innovative Formate in der Hochschullehre und Schule wie das Inverted Classroom Modell weiterzuentwickeln. Diese Dokumentation versteht sich auch als Anregung und Unterstützung, um an eigenen Institutionen noch intensiver Schritte der strategischen Verankerung solcher Vorgangsweisen voranzutreiben. Hier einige gesammelte Screenshots im Sinne einer Photogalerie (cc_by_Fh St. Pölten).
Hier ein Ergebnis zur Frage, Welche Eigenschaften / “Qualitäten”, Lehrveranstaltungen, die am Inverted Classroom Modell (ICM) ausgerichtet sind auf die nächsten Jahre gedacht noch intensiver als bisher haben könnte:
Hier zudem ein Ergebnis zur Frage: Wie kann / muss eine institutionelle Verankungerung des ICM an einer Hochschule umgesetzt werden:
Bernhard Spangl (BOKU WIEN), Dóra Kertész (FH Technikum) und Christian F. Freisleben-Teutscher (FHSTP) brachten bei der Konferenz Inverted Classroom and Beyond 21 einen Workshop ein, bei dem die Transformation der im Hörsaal eingesetzten Methoden im Vordergrund stand, sodass diese in den nun mittels Video-Konferenz abgehaltenen Online-Lehrveranstaltungen eingesetzt werden können. Hier findet sich eine Zusammenfassung von B. Spangl.
Dazu als Rückblick auch dieses vor der Konferenz entstandene Video:
Die während der Covid-19 Pandemie erfolgte Umstellung der Hochschullehre auf Online- beziehungsweise Fernlehre ab dem Sommersemester 2020 bewirkte einen Umbruch im Lehr- und Prüfungsbetrieb durch den Wegfall der Möglichkeit, Lehre und Prüfungen in physischer Anwesenheit und mit Prüfungsaufsicht vor Ort abzuhalten.
Als Beispiel soll die Einführungslehrveranstaltung „Angewandte Statistik“ dienen, die im Ausmaß von 2 ECTS für Studierende des Bachelorstudiums Landschaftsplanung und Landschaftsarchitektur an der Universität für Bodenkultur Wien verpflichtend ist. Sie wird als integrierte Lehrveranstaltung (VU) mit immanentem Prüfungscharakter abgehalten und findet regulär laut Studienplan im 5. Semester statt. Nach Neugestaltung nach dem Modell „Inverted Classroom“ für das Wintersemester 2019/20 wurde sie im laufenden Studienjahr zum ersten Mal vollständig online abgehalten.
Das bedurfte einer Adaption der bisher verwendeten Methoden, um diese in der Online-Lehre einsetzen zu können.Ein typische Woche durchlief vier Phasen: [1] Vorbereitung im Selbststudium, [2] Just in Time Teaching (JiTT) (siehe Simkins & Maier, 2010) mittels Online-Tests oder Konzeptfragen in einem „Peer Instruction“ Setting (Mazur, 1997), [3] Vertiefung des Gelernten in der Oline-Präsenzeinheit (gemeinsames Erarbeiten von weiteren Themen oder Beispielen in Kleingruppen), [4] Feedback durch die Studierenden. Auch die Prüfungen wurden adaptiert. Da allerdings (Moodle) Online-Tests am heimischen PC bezogen auf das Prüfungsdesign automatisch als „Open Book Exams“ gelten, wurden diese im Format Two-Stage Exam abgehalten. Die Studierenden wurden hierfür durch das kollaborative Arbeiten mittels Konzeptfragen und „Peer Instruction“ nach Mazur (1997) vorbereitet.
Kollaborative Lehr- und Lernszenarien bringen viele Vorteile. Sie sorgen durch zusätzliches Feedback für eine weitere Lernerfahrungen bei den Studierenden und können nach entsprechender Adaption auch in Online- und Fernlehre eingesetzt werden.
Ergänzend dieses vor der Konferenz entstandene Videogespräch
Im Rahmen eines Forschungsprojektes und Promotionsvorhabens zu fußgängerinduzierten Schwingungen am Institut für Konstruktiven Ingenieurbau der Technischen Hochschule Köln wurde ein E-Learning-Konzept entwickelt, welches es ermöglicht, Studierende zu unterschiedlichen Zeitpunkten ihres Studiums an einem Forschungsprojekt teilhaben zu lassen. Im ingenieurwissenschaftlichen Teil des Forschungsprojektes sollten Studierende sich mit baudynamischen Grundlagen, Schwingungsmesstechnik sowie Lastansätzen zu Bodenreaktionskräften beim Gehen und Laufen beschäftigen. Im Didaktik-Teil des Forschungsprojektes wurde die Entwicklung des E-Learning-Konzeptes beschrieben, das E-Learning Konzept entwickelt und die Funktionalität unter verschiedenen Gesichtspunkten evaluiert. Das Konzept wurde auf der Plattform ILIAS implementiert und als Kernelement wurde ein Wiki verwendet.
Die teilnehmenden Studierenden sollten sich durch das Wiki selbstständig in die Fragestellung und die Verwendung von Messtechnik einarbeiten sowie nach Abschluss ihrer jeweiligen Arbeit eine Wiki Seite zu ihren Ergebnissen veröffentlichen. In den Präsenzterminen konnten die Studierenden Fragen stellen und wurden bei der Durchführung von Experimenten unterstützt, es wurde jedoch kein klassischer Präsenzunterricht zur Vermittlung von Inhalten verwendet.
In der Evaluation des Konzeptes wurden Bedingungen (Motivation und Leistungsmotivation), Verlaufsprozesse, sowie Akzeptanz und Wirkung untersucht. Die Teilnehmer mussten Fragebögen ausfüllen und nach Teilnahme an einer Projektarbeit wurde jeweils ein Einzelinterview mit den Studierenden durchgeführt. Da die Studierenden über das E-Learning-Konzept nicht nur Inhalte erlernen, sondern auch selbst Inhalte präsentieren, die von nachfolgenden Studierenden für die Bearbeitung späterer Aufgabenstellungen benötigt werden, standen neben den technischen Voraussetzungen, die von den Studierenden zu erwarten sind, auch die Fragen, welche Programme und (für sie) neue digitale Arbeitstechniken den Studierenden vermittelt werden sollen, und wie die Umsetzung geklappt hat.
Durch die Evaluation der Bedingungen und Verlaufsprozesse konnte ein guter Einblick gewonnen werden, welche Voraussetzungen bei den Lernenden angenommen werden können und wo das E-Learning-Konzept angepasst werden musste, um für die Studierenden bestmöglich zu funktionieren.
Als Rückblick auch dieses vor der Konferenz entstandene Video:
Die didaktische Konzeption und Gestaltung von Unterricht ist kein automatisierbarer Prozess, sondern es handelt sich um einen gleichermaßen planerisch-konzeptionellen als auch operativ-gestalterischen Prozess (Reinmann, 2015). Um spezifische (Lern- )Ziele in einem bestimmten (Unterrichts-)kontext zu erreichen, treffen die Lehrenden didaktische Entscheidungen, die zwar analytisch begründet sind, aber auch Kreativi tät erfordern. Dies kommt dem Design-Begriff, wie er in anderen Disziplinen ver wendet wird, sehr nahe (Laurillard, 2013). Die resultierenden didaktischen Designs sollen wie eine Art Drehbuch a) die Learning Outcomes und Inhalte beschreiben, b) ein Skript beinhalten, wie man die Designaspekte „Inhaltsvermittlung“, „Aktivie rung“, „Interaktion“ und „Assessment“ umsetzen will, und c) den Ablauf des Lehr Lernprozesses skizzieren.
Gerade wenn Lehrende didaktische Designs für bisher unbekannte Unterrichtskon texte wie z.B. Blended Learning oder Online Learning entwerfen müssen, bieten De sign-Tools und -Prozesse eine entscheidende Unterstützungsleistung. Das in diesem Beitrag vorgestellte Tool myScripting basiert auf einem solchen Design-Prozess, welcher im Rahmen des Projekts „FLEX“ entwickelt wurde (siehe dazu Müller, Stahl, Lübcke & Alder, 2016). Im Rahmen von sogenannten „Scripting-Workshops“ wurden Module von ganzen Studiengängen in ein Blended-Learning-Format trans formiert. Für die Dokumentation der Ergebnisse wurde eine eigene Systematik ent wickelt, welche sich an bestehenden Visualisierungssystematiken (z.B. Molina, Ju rado, de la Cruz, Redondo & Ortega, 2009) orientierte. In dieser Systematik wird das didaktische Design der verschiedenen virtuellen und physischen synchronen und asynchronen Lernphasen mittels unterschiedlicher Formen für Aktivitäten zur Informationsvermittlung, Aktivierung, Interaktion sowie Lernkontrolle dargestellt. Diese analog durchgeführten Scripting-Workshops wurden in den letzten Jahren für ver schiedene Lehr-Lernformate (u.a. auch konventioneller Präsenzunterricht) und auch für Lehr-Lernkontexte außerhalb von Hochschulen eingesetzt. Von den involvierten Lehrenden wurde der entwickelte Design-Prozess als viabel eingeschätzt. Mit der Digitalisierung des Prozesses mit dem Tool myScripting sollte die Usability verbes sert und die adaptiven Supportmöglichkeiten erweitert werden. Die Usability verbessert sich mit myScripting gegenüber dem bisherigen analogen Prozess, weil sich die entwickelten didaktischen Designs (siehe Abbildung 1) sowohl speichern, überarbeiten als auch kopieren lassen.
Weiter stellt das Tool adaptiv weitere Informationen zu den Lernaktivitäten oder Templates zu zentralen didaktischen Konzepten wie Flipped Classroom, Problem based Learning oder direkte Instruktion zur Verfügung. Ebenfalls werden die Nutzer mit der Analysefunktion beispielsweise bei der Ressourcenplanung oder dem ge wählten Set an Aktivitäten unterstützt. Zusätzlich können für das entwickelte didak tische Design ohne zusätzlichen Aufwand handlungsleitende rollenspezifische Outputs für den Lehr- resp. Lernprozess generiert werden.
Und nicht zuletzt kann das Tool über die kollaborativen Funktionen des Teilens auch das Erarbeiten und Durchführen von Unterricht im Team sowie die Reflexion über didaktische Designs fördern.
Laurillard, D. (2013). Teaching as a design science: Building pedagogical patterns for learning and technology. New York: Routledge.
Molina, A. I., Jurado, F., De La Cruz, I., Redondo, M. Á., & Ortega, M. (2009). Tools to support the design, execution and visualization of instructional designs. In Y. Luo(Hrsg.): Cooperative Design, Visualization, and Engineering. S. 232–235. Berlin: Springer.
Müller, C., Stahl, M., Lübcke, M., & Alder, M. (2016): Flexibilisierung von Studien gängen: Lernen im Zwischenraum von formellen und informellen Kontexten. Zeit schrift für Hochschulentwicklung, 11(4), S. 93–107.
Reinmann, G. (2015). Studientext Didaktisches Design. Universität Hamburg. https://gabi-reinmann.de/wp-content/uploads/2018/07/Studientext_DD_Sept2015.pdf
Siehe dazu auch dieses vor der Konferenz entstandene Videogespräch:
Nachdem das E-Tutor*innenprogramm mehre Jahre als festes Programm in der vorlesungsfreien Zeit als Blended Learning Konzept (mit einer OnlineWoche, einem Präsenztag, drei Onlinewochen und im Anschluß mit drei Präsenztagen) lief wurde das Programm zum Wintersemester 2020/2021 umgestellt.
Seit dieses Semester sind die Schulungsbestandteile in einzelne Module unterteilt, die zu einem großen Teil frei wählbar sind und als Inverted Classroom konzeptiniert wurden. Es gibt vorbereitende Materialen in unserem Moodle Lernmanagementsystem, kurze Videokonferenzen und zu erledigende Transferaufgaben. Durch den modularen Aufbau ist es möglich einen kleinen Abschluss zur E-SHK oder einen umfangreichen Abschluss zur E-Tutorin / zum E-Tutor zu erlangen.
Mag. Dr. Christian F. Freisleben-Teutscher (FH St. Pölten) gestaltete bei der Konferenz Inverted Classroom and Beyond 21 einen abendlichen Workshop zu Optionen des Einsatzes von Improvisationsmethoden in am Inverted Classroom asugerichteten Lehrveranstaltungen.
Dazu auch als Rückblick dieses vor der Konferenz entstandene Video:
Der Einsatz von Improvisationsmethoden haben auch im Bildungsbereich eine lange Tradition. Gearbeitet wird u. a. mit Assoziationsmethoden mit Texten, Worten, Bildern und Körperbildern sowie mit improvisierten Kurzszenen. Lernende werden durch diese Herangehensweisen dabei unterstützt, eigene Fähigkeiten (neu) zu entdecken und Einsatzoptionen für diese zu planen und umzusetzen.
Improvisationsmethoden sind sehr vielfältig, sich lassen sich gerade auch für alle Phasen von am ICM ausgerichteten Lehrveranstaltungen leicht adaptieren und vor allem durch die Art und Weise der Gestaltung Vorgaben (sozusagen der thematische Rahmen für die verschiedenen Methoden) und des Debriefing (Reflexion nach dem Einsatz der Methoden) erfolgt ein intensiver und nachhaltig wirksamer Transfer, der dazu beiträgt dass Studierende ihre Entwicklung in Hinblick auf Lernziele sehr aktiv und selbstbestimmt mitgestalten können. Sie sind offline und online einsetzbar, mit und ohne Video.
Im Workshop wurde intensiv mit den Methoden gearbeitet und zur Frage, wie sich diese in didaktische Designs gut integrieren lassen.
Viele Improvisationsmethoden, FAQ zu deren Einsatz sowie Hintergründe zur Kompetenzorientierung in diesem Zusammenhang finden sich ausgehend von der Dissertation von Christian F. Freisleben hier
Als Rückblick auf noch das vor der Konferenz entstandene Video:
Wie in diesem Video angesprochen hatte Andrea Breitenbach dankenswerter Weise ein weitergehendes Vorbereitungsvideo erstellt. Außerdem hatte sie dazu auf pedocs publiziert.
“Es nahm seinen Lauf an einem Ort vermutlich im Januar 2020 und hat seitdem die die ganze Welt erreicht- Covid-19. Die globale Pandemie breitete sich aus und verändert seitdem unser Leben. Mit der Corona-Krise hat sich auch in der Hochschulwelt vieles verändert (gewandelt). Präsenzlehre war und ist in der ursprünglichen Form mehr möglich, stattdessen werden seitdem nahezu alle Kurse im digitalen Format angeboten. Die schlagartige Umstellung stellt Hochschulen, Studierende und Lehrende vor enormem Herausforderungen. Welche Nachteile aber auch Vorteile und Chancen sich durch die digitale Lehre bieten, thematisiert dieser Beitrag. Basierende auf zentralen Annahmen des second digital divide wird untersucht, ob bestimmte Gruppen von Studierenden stärker von der Umstellung auf die digitale Lehre betroffen sind als andere. Dabei wurden Befunde internationaler und nationaler Studien herangezogen, aber auch eine eigene Erhebung an der Universität Marburg (Deutschland). Zu zwei Messzeitpunkten werden Studierende und Lehrende befragt: Im Sommer 2020 und Winter 20/21. Zusätzlich wurden im Sommersemester qualitative Interviews mit Studierenden geführt um eine tiefergehende Analyse zu ermöglichen.
Teilergebnisse der ersten Umfrage zeigen, dass ein Zusammenhang zwischen verschiedenen soziodemografischen Merkmalen und der Bewertung digitaler Lehrangebote besteht. Beispielsweise bewerten Studierenden von höher gebildeten Eltern digitale Lehrangebot öfter als guten Ersatz für die Präsenzlehre als andere Studierende. Die Studierende wünschen sich für die Zukunft mehr digitale Lehrangebote, wie das ICM. Eine Mischung von digitaler und analoger Lehre strebt die Mehrheit an. Ein kurzer Überblick beleuchtet die Probleme von Lehrenden mit der Umstellung auf die digitale Lehre. Vor allem die stark gestiegene Lehrbelastung erweist sich als problematisch. Zahlreiche Lehrende wollen trotzdem in der Post-Corona-Ära verstärkt digitale Lehrmethoden einsetzen.
Im nächsten Schritt wird basierend auf den Ergebnissen der ersten Umfrage und der qualitativen Studie die zweite Umfrage konstruiert. Die Ergebnisse beider Studien wurden in diesem Beitrag vorgestellt. Mit einer Diskussion der Chancen, die sich durch die Digitalisierung der Lehre ergeben und der Wünsche der Studierenden und Lehrenden in Bezug auf die zukünftige Lehre endet der Beitrag.”
Ergänzend hat Angelika Neudecker wie in diesem Video angesprochen dankenswerter Weise ein weitergehendes Vorbereitungsvideo erstellt.
Die Prinzipien der Gesprächsführung nach Carl Rogers* sind seit Jahrzehnten weltweit bekannt und werden in der pädagogischen Arbeit in den unterschiedlichsten Bereichen erfolgreich verwendet.
Dieser Beitrag möchte den Versuch wagen, die Grundprinzipien der Gesprächsführung nach Carl Rogers, namentlich «Wertschätzung», «Kongruenz» und «Empathie» in die Mediensprache zu übertragen. Es soll erarbeitet werden, wie die Medien selbst, ihre Gestaltung und/oder die Struktur innerhalb der Selbstlernphase eines Inverted Classrooms die genannten Grundprinzipien verkörpern und ihre Wirkung, die aus der face2face Kommunikation hinreichend bekannt ist, an die lernende Person transportieren können.
Als Grundannahme dient die These, dass Medien, die die Grundprinzipien verkörpern, eine höhere Akzeptanz beim Betrachter*in auslösen und die intrinsische Motivation der lernenden Person positiv beeinflussen.
Dabei ist vorauszusehen, dass gestalterische Ansatzpunkte in sehr unterschiedlichen Bereichen zu finden sein werden; Meta-, Makro-, Meso- und Mikroebene rücken ins Blickfeld.
* Lebensdaten 1902-1987, Psychologe, Vertreter eines humanistischen Menschenbildes, bekannte Schriften: Die nicht-direktive Beratung. München 1972.
Von Mensch zu Mensch. Möglichkeiten, sich und anderen zu begegnen. Paderborn 1984.